Bereits zum Anfang meines Studiums stand es für mich fest, dass ich ein Erasmussemester absolvieren möchte. Diese einmalige Gelegenheit, mit finanzieller Unterstützung das Studierendenleben im Ausland zu erleben, wollte ich mir nicht entgehen lassen. Und es war die absolut richtige Entscheidung. Ich hatte eine wunderschöne Zeit, in der ich sehr viel gewachsen bin. Neben vielen persönlichen bereichernden Erfahrungen, liegt dies natürlich auch am Überwinden vieler größerer und kleinerer Schwierigkeiten, aus denen man letztendlich gestärkt hervorgeht. In diesem Bericht soll nun weiter auf jene organisatorischen Punkte eingegangen werden.
Formales
Nach der ersten Deadline am 20.12.2021, bis zu der man sich für das Erasmussemester mit Erst- und Zweitwunsch bewerben musste, folgten einige weitere Onboarding-Termine online, bei denen weitere Informationen gestreut wurden. Als dann die Zusage zu Valencia erfolgte, ging es in den nächsten Schritten darum, sich mit dem Online-Portal der Gastuniversität vertraut zu machen und die Module zu wählen (weitere Informationen dazu unter Punkt 3). Welche weiteren Papiere man benötigte, war jederzeit im Mobility Online Portal einsehbar. Das Portal gibt einen Überblick über alle zu erledigenden bürokratischen Arbeitsschritte vor, während und nach dem Erasmussemester und war überaus hilfreich und übersichtlich. Das wohl wichtigste der Papiere ist das Learning Agreement, welches zwischen der entsendenden Hochschule, der Gasthochschule und der im Ausland studierenden Person geschlossen
wird und für welches man die Unterschriften beider Hochschulen benötigte. Dies dauerte seine Zeit, weshalb sich die Organisation bis nach Semesteranfang hinzog und die 1. Rate folglich auch erst danach ausgezahlt wurde. Für mich war es durch einen kleinen finanziellen Puffer nicht weitere problematisch, jedoch kann ich mir vorstellen, dass dieser Fakt für einige meiner Mitstudierenden ein größeres Problem gewesen ist. Versicherungstechnisch hatte ich nicht viel zu erledigen, da meine Krankenkasse auch im EU-Ausland gilt.
Unterkunft
Weitaus nervenaufreibender und kostspieliger gestaltete sich die Wohnungssuche. Ich hatte mich privat auf die Suche gemacht. Von einem Freund, der bereits ein Jahr vor mir sein Erasmus in Valencia absolviert hatte, habe ich den Kontakt von einem Vermieter bekommen und den Tipp, die Website Idealista zu nutzen. Sie funktioniert im Grunde wie WG-gesucht in Deutschland. Nach einigem Suchen fand ich schließlich ein kleines Zimmer, wofür ich jedoch zusätzlich zur Kaution, die am Ende der Zeit zurückgegeben wird, eine einmalige Kommissionsgebühr zahlen musste. Diese Summe entsprach einer Monatsmiete und ging an den Vermittler der Wohnung. Natürlich ist dies nicht in jeder Wohnung der Fall, doch insbesondere in den Erasmus-WGs, die meist semesterweise neu vermietet werden, sollte damit gerechnet werden. Alles andere lief in meinen Augen fair ab und die Absprachen mit dem
Vermittler der Wohnung waren unkompliziert. Für alle, die zwei Semester bleiben, kann es sogar sein, dass die Kommissionsgebühr ganz wegfällt bzw. es auch leichter ist, eine spanischsprachige WG mit Menschen, die schon länger vor Ort leben, zu finden. Grundsätzlich ist es sinnvoll zu wissen, dass es in Spanien viele Zweck-WGs gibt und weniger interaktive WGs, wie es die meisten aus Deutschland kennen. Zudem suchen eben diese WGs oft Menschen, die länger als nur fünf Monate einziehen wollen. Dies ist verständlich angesichts der Tatsache, dass Valencia die „Erasmus-Hochburg“ ist und jedes Jahr sehr viele ausländische Studierende neuen Wohnraum suchen. Man sollte diese Tatsache bei der Wohnungssuche im Hinterkopf behalten. Am Ende habe ich für mein 9m2 – Zimmer etwa 280€ gezahlt, bin aber später noch einmal umgezogen in eine Wohnung, in der ich ohne Kommissionsgebühr
in einem größeren Zimmer mit mehr Licht, hellem Wohnzimmer und Balkon 350€ monatlich gezahlt habe. Es ergeben sich im Laufe der Zeit manchmal also noch andere Möglichkeiten. Das WG-Leben gestaltete sich in beiden Wohnungen am Ende interaktiver, als ich zunächst geglaubt hatte. Unsere sehr unterschiedlichen Herkünfte und Erfahrungen machten die gemeinsamen Kochabende überaus interessant und lustig.
Lehrangebot, Kurswahl und fachliche Betreuung an der Gasthochschule
Das Lehrangebot war sehr vielfältig, ähnlich wie an der MLU. Für meinen Grado (Bachelor) in Geografie einsehbar unter: https://www.uv.es/uvweb/undergraduate-degree-geography-environment/en/what- can-study-/degree-programme/degree-programme/degree-geography-environment-1285936390281/Titulacio.html?id=1285847456633&plantilla=GRAU_Geografia_Medi_Ambient/Page/TPGDetaill&p2=2. Insbesondere, da ich schon in einem höheren Fachsemester war, konnte ich mir
unter den Modulen des Wintersemesters frei aussuchen, welche ich belegen wollte. Die Kurswahl gestaltete sich gar nicht so einfach, da einige der Kurse über zwei Semester liefen, ich
aber nur ein Erasmussemester absolvieren wollte. Oder aber wurden Kurse nur auf valenciano, nicht aber auf castellano (das „herkömmliche Spanisch“) angeboten. Nach der ersten Studienwoche an der UV (Universidad de Valencia) und einigen kleinen nachträglichen Änderungen standen schließlich alle Kurse fest. Die Bestätigung dieser Kurswahl erfolgte gemeinsam mit dem Erasmuskoordinator des Instituts Joan Carlos Membrado – in meinem Fall der Facultad de Geografía e Historia. Darüber hinaus war der Umgang der Dozierenden mit den Erasmusstudierenden sehr unterschiedlich. Von sehr hilfsbereiten und ermutigenden, bis hin zu sehr anspruchsvollen Lehrenden, die uns Erasmusstudierenden klar vermittelten, dass sie nicht wollen, dass unseretwegen das Niveau des Unterrichts sinkt, war alles dabei. Das klingt zunächst etwas hart, bedenkt man jedoch, dass teilweise
fast die Hälfte der Studierenden eines Kurses aus Erasmusstudierenden bestand, ist die Reaktion schon verständlich. Ein gewisses spanisches Sprachniveau ist demnach durchaus hilfreich.
Anerkennung der im Ausland erbrachten Studienleistungen an der MLU
Zur Anerkennung der erbrachten Studienleistungen kann ich nicht viel sagen, da ich zu dem Zeitpunkt, als ich mein Erasmussemester absolvierte, nahezu alle meiner Module für den Bachelor bestanden hatte. Es standen nur noch die Praktika und das Bachelorarbeits-Modul aus. Dementsprechend konnte ich mir keine der in Valencia absolvierten Module anrechnen lassen. Allerdings finde ich diesen Umstand auch nicht weiter schlimm, da ich trotzdem so einiges aus den Kursen vor Ort in Valencia mitnehmen konnte.
Sonstiges
Abschließend möchte ich Menschen, die der anfallende Bürokratieaufwand abschreckt, dazu ermutigen, sich dennoch für ein Erasmussemester zu bewerben. Es lohnt sich alle mal! Und es gibt Menschen, die einen in organisatorischen Fragen während des gesamten Zeitraums unterstützen. In diesem Kontext möchte ich mich bei Frau Henke und Frau Kostov von der MLU bedanken, die sich stets mit viel Geduld der bürokratischen Probleme so vieler Studierenden angenommen haben.
Eure Henriette Kleinschmidt