Auslandsaufenthalt in La Réunion

Ich bin Liart Joachimides und studiere Geographie an der MLU in Halle am Heidecampus. Mit diesem Bericht will ich allen Leser*innen Mut machen die Entscheidung zu treffen auch ein Auslandssemester zu wagen, egal ob auf La Réunion oder woanders. Aus meinen Erfahrungen an der Naturwissenschaftlichen Fakultät III kann ich wiedergeben, dass zwar eine Menge Zeit zum Planen aller Schritte berücksichtigt werden sollte, ich mich jedoch bei jedem Schritt relativ gut aufgehoben gefühlt habe und die meiste Zeit über immer wusste, was noch fehlte und welche Dokumente ich noch einreichen musste. Trotz einer allgemein funktionierenden Kommunikation zwischen der MLU und der Gast-Uni in Saint-Denis hatte ich das Gefühl, dass die eigentliche Schwierigkeit bei einem Erasmus-Semester nicht das Erwerben des Erasmusplatzes und damit des Stipendiums ist, sondern die schier unaufhaltsame Masse an bürokratischer Arbeit. Seid gewarnt, aber ihr schafft das!

Das wichtigste vor der Abreise ist meiner Meinung nach jedoch sowieso die Wohnsituation. Jedes Formular, bis auf das Grand Agreement, lässt sich auch ohne Mühe noch nachreichen und das Learning Agreement ändert sich in den meisten Fällen ohnehin. Jedoch Achtung, um so länger ihr hier herauszögert, um so später bekommt ihr euer Geld, was auf La Réunion eine nicht zu unterschätzende Variabel ist (es wird teuer)! Zum Thema Papiere ist nicht viel zu sagen, dank der EU könnt ihr mit eurem Perso einreisen, ein angenehmer Glücksfall, wollt ihr jedoch wie so viele andere auch noch ein bisschen die Umgebung bereisen, wie Mauritius oder Madagaskar oder die Seychellen, dürft ihr euren Reisepass nicht vergessen/ nicht vergessen ihn früh genug beim Amt zu beantragen! Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass zu versuchen seinen abgelaufenen Pass im deutschen Konsulat auf La Réunion kurzeitig noch einmal zu verlängern, teuer und so zeitaufwendig ist, dass ihr zu dem Zeitpunkt, an dem alles abgesegnet ist, euer Erasmus Semester wieder rum ist!

Unterkunft
Wenn ihr beide Semester auf La Réunion bleibt, ist euch ein Wohnheimplatz im „Crous“ so gut wie sicher. Wer die Möglichkeit auf einen Platz bekommt, dem rate ich aus preislichen Gründen diesen anzunehmen, denn der Wohnungsmarkt in der Hauptstadt Saint Denis, insbesondere um den Campus herum ist nicht billig. Für ein Wg-Zimmer sollten Monatlich um die 400 Euro eingeplant werden, was im Vergleich zu den Mieten in Halle auf jeden Fall ein Brummer ist. Aber nicht verzweifeln, meiner Erfahrung findet man, vor allem bei einem bereits längerem Aufenthalt auf La Réunion auch Schnäppchen über Unikontakte oder Mund zu Mund Propaganda. So bin ich zwei Mal umgezogen und habe zuletzt fußläufig zur Uni mit Balkon für 300 Euro gewohnt. Ein anzumerkender Punkt ist, dass es oft Wohngemeinschaften gibt, in denen die Vermieter*innen, meist Senior*innen die nun die ehemaligen Kinderzimmer vermieten, mit in den Wohnungen wohnen. Das ist definitiv eine Umgewöhnung zu WGs in Deutschland.

Lehrangebot
Die Kurswahl erstellt sich zu Beginn immer etwas schwierig, was unteranderem an schlechter Kommunikation der jeweiligen Unis liegt, welche Kurse nun belegt werden dürfen und welche nicht, aber auch an der zum anderen komplizierten Website der Uni La Réunion. Bis hier durchgestiegen ist, vergeht eine Weile, so dass die meisten Erasmus-Studierenden ihre endgültige Kurswahl vor Ort erst zusammenstellen. Grundsätzlich empfehle ich das Erasmus Semester als eine Möglichkeit zu begreifen auch einmal Kurse außerhalb seines Studiums zu besuchen, oft gibt es die Äquivalenz-Kurse eurer Kurse aus Halle nicht, also probiert euch aus! Außerdem sind nach meiner Erfahrung die Dozierenden in La Réunion in vielen Lehrbereichen, ich kann es definitiv für Geographie bestätigen, sehr wohlwollenden und geben Erasmus Studierenden viel Freiraum. Falls zum Beispiel ein Kurs nicht besucht werden kann, weil sich der Stundenplan überschneidet, dann wird das irgendwie geklärt. Dennoch ist anzumerken, dass das Unisystem in Frankreich immer noch recht verschult ist, also macht euch bereit für mehr Frontalunterricht und weniger Seminare.

Fazit
Meiner Meinung nach ist ein Erasmus Aufenthalt immer zu empfehlen, egal wo es hingeht. Die Erfahrung im Ausland auf sich selbst gestellt zu sein, bringt einen aus der gewohnten Komfortzone, selten habe ich mich persönlich so weiterentwickelt wie bei längeren Auslandaufenthalten. So und jetzt zu La Réunion, denn besser als ein Erasmus Semester generell, ist  ein Erasmus Semester auf La Réunion. Denn noch nie in meinem Leben bin ich so viel Gewandert, habe so viele Ausflüge gemacht, war so oft am Wasser wie auf La Réunion. Die Outdoor Möglichkeiten, die diese Insel bietet ist wirklich unschlagbar. Ihr könnt mit Walen und Delphinen tauchen gehen, sowie über den Uni-Sport den Meeresboden erkunden (tragt euch für den Uni Sport Kurs Tauchen schnell ein, die Plätze sind beliebt). Ihr könnt den Regenwald, sowie tiefe Schluchten und Vulkane besteigen. Ihr seid in den Tropen, überall wachsen Papaya, Kokosnüsse, Bananen, Litschi und Mangos. Kein Ort an dem ich jemals war, hatte so viel zu bieten, auf so wenig Raum. Es ist unglaublich! Das Uni-System hat viele meiner  Mitstreiter*innen auch herausgefordert, aber wenn ihr euch mit Spontanität und einer eher lockerem Einstellung anfreunden könnt, kommt ihr da recht gut durch. Es ist viel möglich wenn ihr mit den Leuten vor Ort spricht. Insgesamt ist ein Erasmus das, was ihr daraus macht, man muss nicht unglaublich engagiert sein, aber mit einer offenen Lebenseinstellung öffnet sich die Insel für alle! Ich hoffe ich konnte euch etwas inspirieren den Schritt zu wagen, ihr werdet durch eine Erasmus-Erfahrung eine Menge mitnehmen.

Liart Joachimides (WS22/23)