Auslandsaufenthalt in Sogndal (Norwegen)

Da ich während meines Bachelorstudiums kein Auslandssemester gemacht habe, stand für mich gleich zu Beginn meines Masterstudiums in Geographie an der Universität Halle fest, dass ich unbedingt für ein Semester ins Ausland gehen möchte. Bei der Recherche nach einer geeigneten Partnerhochschule stieß ich auf Sogndal in Norwegen und bewarb mich direkt dafür bei Herrn Dr. Zierdt, dem damaligen Fachkoordinator meines Instituts. Kurze Zeit später bekam ich auch schon die Zusage. Nun musste ich mich noch offiziell an der Høgskulen på Vestlandet (HVL) in Sogndal bewerben und bekam auch von dort eine Zusage. Insgesamt verlief der Bewerbungsprozess sehr unkompliziert und die Kommunikation mit Herrn Zierdt war auch einwandfrei. Um den Erasmus-Zuschuss zu erhalten, muss man dann einige Dokumente ausfüllen und ins Mobility-Portal hochladen. Das Konzept mit dem Portal fand ich persönlich sehr hilfreich, so war man immer auf dem neusten Stand, welche Dokumente man einreichen musste und was evtl. noch fehlte. Ein Visum muss man als EU-BürgerIn für Norwegen nicht beantragen, man muss sich lediglich bei der Polizei in Førde (ca. 1,5 h von Sogndal entfernt) registrieren lassen, wenn man länger als 3 Monate im Land bleibt. Sehr empfehlenswert ist eine private Auslandskrankenversicherung.
Bereits zu Beginn des Auslandssemesters, wenige Wochen nach Ankunft, stand für mich bereits fest, dass ich gerne noch länger bleiben möchte als nur dieses eine Semester. Also kontaktierte ich Frau Henke mit der Bitte um Verlängerung meines Auslandsaufenthaltes. Da ich dann bereits im 4. Semester meines Masterstudiums war, entschied ich mich dazu meine Masterarbeit hier in Sogndal zu schreiben. Die Verlängerung und auch die Organisation der Masterarbeit stellten kein Problem dar.

Ähnlich wie in Deutschland gibt es auch hier an der HVL ein Studierendenwerk, das heißt „Saman“, was übersetzt „Zusammen“ bedeutet. Saman betreibt insgesamt 4 Wohnheime in Sogndal, da Sogndal relativ klein ist und ca. 1/3 der EinwohnerInnen Studierende sind und ohne die Wohnheime die Wohnungslage wohl sehr angespannt wäre. Als AustauschstudentIn hat man grundsätzlich den Anspruch auf einen Wohnheimplatz und man bekommt auch direkt nach der Zusage für das Auslandssemester einen Link für die Bewerbung auf einen Wohnheimplatz. Alle Wohnheime haben Vor- und Nachteile. Ich hatte Glück und habe meine Erstwahl (Stedjeåsen) bekommen, das meiner Meinung nach das gemütlichste Wohnheim hier ist. Man hat sein eigenes Bad im Zimmer und muss sich Küche und Wohnzimmer mit nur drei anderen Personen teilen. Allerdings liegt Stedjeåsen am weitesten entfernt vom Campus auf einem Hügel, aber man braucht zu Fuß auch nur 10-15 Minuten. Alle Wohnheime sind recht preiswert für norwegische Verhältnisse. Jede Woche ist eine andere Person in der Wohngemeinschaft mit Putzen der Gemeinschaftsräume an der Reihe, und das wird auch von Saman kontrolliert.
Einziges Problem: im Wintersemester kommen immer sehr viele Austauschstudierende nach Sogndal, so dass man sich ein Zimmer mit einer anderen Person teilen muss. Das ist sehr gewöhnungsbedürftig und sicher nicht für jede(n) was. Wer also sehr viel Wert auf Privatsphäre legt, sollte sich lieber auf dem privaten Wohnungsmarkt umsehen. Dafür gibt es die Internetseiten www.hybel.no oder www.finn.no. Im Sommersemester hat man ein Zimmer für sich allein.

An der HVL in Sogndal gibt es fast ausschließlich norwegische Studiengänge und Kurse. Deshalb gibt es für Austauschstudierende extra Kursprogramme auf Englisch. Aufgrund dessen ist das Studium hier sehr schulisch, man ist immer im Klassenverbund und hat keine Kurse mit norwegischen Studierenden. Zumindest in den beiden Programmen im Wintersemester, „From Mountain to Fjord“ (FMTF) und „Outdoor Education“. In dem im Sommersemester angebotenen „Climate Change“ Programm hat man Kurse auf Englisch gemeinsam mit norwegischen Bachelorstudierenden der Geologie und Studierenden des „Climate Change“-Masterstudiengangs.
Ich habe das Programm FMTF gemacht und konnte mir alle Module für meinen Master anrechnen lassen. In FMTF hat man drei Modulblöcke, die jeweils mit einer Prüfung am Ende des Kurses abgeschlossen werden. Der erste Block ist hauptsächlich Geologie, der zweite Block ist Glaziologie und Ökologie, und der dritte Block ist Fjordökologie. Über das ganze Semester hinweg arbeitet man an einem Science Project, das am Ende dann präsentiert wird. Besonders zu Beginn des Semesters (solange es noch einigermaßen warm ist) hat man sehr viele Exkursionen und Geländeübungen. Dafür benötigt man gute Wanderschuhe und Regenkleidung, aber die braucht man für Norwegen sowieso ;-) Für die Exkursionen muss man nichts bezahlen, lediglich die Kosten für Essen müssen selbst übernommen werden. Die Atmosphäre an der Hochschule hier in Sogndal ist super angenehm. Jede(r) kennt jede(n) und der Umgang der Dozierenden mit den Studierenden ist sehr locker. Generell wird in Norwegen nur geduzt und das ist auch an der Uni so. Der Koordinator von FMTF (Matthias Paetzel) ist gebürtiger Deutscher, ist super hilfsbereit und hat immer ein offenes Ohr für Fragen oder Probleme.

Wie bereits erwähnt, studiere ich bereits im Master an der MLU und konnte mir dennoch alle Leistungspunkte aus Norwegen anrechnen lassen. Die Anerkennung verlief problemlos und Frau Kletsch vom Prüfungsamt ist sehr entgegenkommend. Das im Vorfeld erstellte Learning Agreement erwies sich hier tatsächlich als sehr hilfreich, deshalb empfehle ich, das Learning Agreement wirklich gewissenhaft zu erstellen. Die Möglichkeit, meine Masterarbeit hier in Sogndal schreiben zu können, betrachte ich als sehr großes Glück, da mich die Forschungsprojekte hier vor Ort thematisch sehr interessieren.

Sogndal ist ein schnuckeliger, kleiner Ort mit etwas weniger als 10.000 EinwohnerInnen direkt am Fjord gelegen. Es ist umgeben von Bergen, und natürlich dem Fjord, so dass man als Outdoorbegeisterte Person hier auf jeden Fall sehr auf seine Kosten kommen kann. Um schnell Anschluss zu finden empfiehlt es sich, Mitglied in einer der Studierendenvereinigungen zu werden, die sich und ihre Arbeit am Anfang des Semesters allen vorstellen. Ich persönlich war Mitglied bei Lurkarlaget, die besonders viele Bergtrips, wie z.B. Wanderungen, Klettern, Skifahren etc. anbieten, und bei Sjøspretten, die alles rund um Wassersport anbieten. Kulturell ist leider nicht so viel los in Sogndal, wie man das vielleicht aus Halle gewöhnt ist. Die nächste wirklich größere Stadt ist Bergen mit 3-4 Stunden Autofahrt bzw. 5 Stunden Fährfahrt Entfernung. Wer also gerne jedes Wochenende in einem anderen Club feiern gehen möchte oder Shopping liebt, für die/den ist Sogndal eher nichts. Für alle, die gerne draußen in der Natur unterwegs sind oder es mal kennen lernen möchten, für die kann das Auslandssemester hier zu einer ganz besonderen Erfahrung werden. Ich persönlich habe mich so gut hier eingelebt, dass ich noch ein bisschen länger hierbleibe, nach Abschluss meines Masters. Also wer weiß, vielleicht läuft man sich ja mal in Sogndal über den Weg ;-)

 

Marie-sophie Kind (August 2021 – Juni 2022)